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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 17.09.2006
Aktenzeichen: 2 M 136/06
Rechtsgebiete: GG, ParteienG, LVerfG M-V


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 21 Abs. 1 Satz 1
ParteienG § 1 Abs. 2 Satz 1
LVerfG M-V Art. 29 Abs. 3 Satz 2
LVerfG M-V Art. 42
Zum Recht einer für den Landtag kandidierenden Partei auf Teilnahme an der in Räumlichkeiten des Landtags stattfindenden Nachwahlveranstaltung (sog. Wahlabend).
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern

2 M 136/06

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Parlamentsrecht

hier: vorläufiger Rechtsschutz

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern am 17. September 2006 in Greifswald

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde gegen den Beschluss das Verwaltungsgerichts Schwerin - 1. Kammer - vom 16.09.2006 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe:

Das Rubrum ist von Amts wegen in der Weise berichtigt worden, dass der Antrag als gegen die Präsidentin des Landtags als Inhaberin des Hausrechts und nicht gegen das Verfassungsorgan Landtag selbst gerichtet ist.

Das Verwaltungsgericht hat der Antragsgegnerin durch den angefochtenen Beschluss im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, den von der Antragstellerin noch zu benennenden Vertretern der Partei (Bündnis 90/Die Grünen) für die heute im Schweriner Schloss stattfindende Nachwahlveranstaltung ("Wahlabend") fünf schriftliche Zutrittsberechtigungen ("Eintrittslabels") auszuhändigen, sofern der Autragstellerin nach der um 18.00 Uhr veröffentlichten Wahlprognose des NDR ein Zweitstimmenanteil von mindestens 4% vorhergesagt wird. In den Gründen heißt es u.a., es sei sachlich nicht gerechtfertigt, nur den Vertretern solcher Parteien Einlass zu gewähren, die "nach einer Wahlprognose sicher im Landtag vertreten sein werden." Die Regelung sei nicht hinreichend bestimmt; sicher vertreten seien nicht einmal die Parteien, denen um 18.00 Uhr ein Stimmenanteil von 5% vorhergesagt werde. Wegen der Unsicherheit der Prognose könne die Regelung dazu führen, dass Parteien der Zutritt ermöglicht werde, die dann doch nicht in den Landtag einziehen, während Parteien der Zutritt verweigert wird, die letztlich doch die 5%-Hürde nehmen. Nach der vom Gericht selbst vorgenommenen Einschätzung der Unsicherheitsfaktoren sei es sachgerecht, die an der Prognose orientierte Zutrittsgrenze auf 4% festzulegen.

Die dagegen nur von der Antragsgegnerin eingelegte Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Senat weist sie gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses zurück. Die Beschwerdebegründung, auf dessen Prüfung der Senat beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), führt nicht zu einer für die Antragsgegnerin günstigeren Entscheidung.

Ergänzend ist anzumerken, dass als Anspruchsgrundlage außer Art 3 Abs. 1 GG, auf den das Verwaltungsgericht abgestellt hat, noch das ebenfalls verfassungsrechtlich verankerte Recht der Parteien, an der politischen Willensbildung mitzuwirken (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 ParteiG, Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG), zu nennen ist.

Zuzustimmen ist der Antragsgegnerin insoweit, als sie die umstrittene Zutrittsregelung dem von der Präsidentin des Landtags auszuübenden Hausrecht (vgl. Art. 29 Abs. 3 Satz 2 LVerf M-V) zuordnet. Ob dem Inhaber des Hausrechts allgemein ein weiter oder gar unbegrenzter Spielraum zusteht, in welcher Weise er es ausübt, insbesondere, wem er den Zutritt gestattet, bedarf hier aber keiner vertieften Betrachtung. Für öffentliche Gebäude wie den Landtag ist im Rahmen des Hausrechts die öffentlichrechtliche Zweckbestimmung der Einrichtung, die das Gebäude beherbergt, zu beachten. Der Inhaber des Hausrechts darf es nicht in einer Weise ausüben, die sich mit der Zweckbestimmung nicht in Einklang bringen lässt. So dürfte die Antragsgegnerin also - was von ihr ersichtlich auch nicht verkannt wird - beispielsweise Mitgliedern des Landtags nicht ohne weiteres die Teilnahme an einer Landtagssitzung verwehren. In diesem Sinne erwächst dem Hausherrn also eine auf den Bestimmungszweck der Einrichtung bezogene Verpflichtung, auf die sich die Betroffenen ihm gegenüber auch berufen können.

Ob der Antragsgegnerin ein (größerer) Spielraum zuzubilligen ist, wenn es - wie hier - um Veranstaltungen geht, die im Sinne der Zweckbestimmung der Einrichtung nicht erforderlich sind, bedarf hier ebenfalls keiner abschließenden Klärung. Denn es besteht immerhin ein enger sachlicher Zusammenhang mit der Arbeit des Landtags. Zu seinen Aufgaben gehört es auch, nach einer Landtagswahl den Ministerpräsidenten zu wählen (vgl. Art. 42 LVerf M-V). Zu den üblich gewordenen Gepflogenheiten rechnet es, zur Vorbereitung der vom Landtag zu treffenden Entscheidungen die ersten Schritte - etwa Ankündigung von Sondierungsgesprächen - schon am Wahlabend und noch vor Bekanntgabe des (vorläufigen) amtlichen Wahlergebnisses einzuleiten.

Dies vorausgeschickt, dürfte der von der Antragsgegnerin gefundene Ansatz, den Zutritt zu der im Landtag im unmittelbaren Anschluss an die Wahl vorgesehenen Veranstaltung auf die Parteien zu beschränken, die für einen Einzug in den Landtag ernsthaft in Betracht kommen, nicht grundsätzlich zu beanstanden sein. Allerdings steht bei Schließung der Wahllokale - wie in der Beschwerdebegründung auch eingeräumt wird - nicht sicher fest, um welche Parteien es sich im Einzelnen handelt. Stattdessen gibt es nur eine Prognose, die sich in einer gewissen Bandbreite als fehlerhaft erweisen kann. Der in diesem Zusammenhang vom Verwaltungsgericht vorgenommenen eigenen Einschätzung ist die Antragsgegnerin nicht substantiiert entgegengetreten.

Soweit in der Beschwerdebegründung geltend gemacht werden soll, dass die Kapazität der Räume, in denen die Nachwahlveranstaltung stattfinden soll, erschöpft sei, ist der Vortrag der Antragsgegnerin nicht frei von Widersprüchen. Denn unabhängig von dem Ausgang dieses Gerichtsverfahrens muss er sich darauf einrichten, dass fünf Vertretern der Antragstellerin die begehrten Zutrittsberechtigungen schon gemäß der von der Landtagspräsidentin im Einvernehmen mit dem Ältestenrat getroffenen Regelung auszuhändigen sein werden. Dass dies tatsächlich kein Problem darstellt, ergibt sich im übrigen aus dem vorletzten Absatz der Beschwerdebegründung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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